Pornogeplauder (Gedicht)

Pornogeplauder (Gedicht)

20. November 2014 2 Von Herzbrille

Ein Mitschnitt des Auftritts am 5. Juni 2014:
Spoken Word Show „Protestgrübchen“, im L.U.X.

Wir sitzen am Küchentisch und reden.
Reden und rauchen und schlürfen Tee,
im Hintergrund läuft Peaches und wir
diskutieren über den Porno von letztens.

Wir reden und rauchen und schlürfen Tee,
versinken in Kopfkinos, kehren zurück,
diskutieren über den Porno von letztens,
der so queer und alternativ war.

Wir versinken in Kopfkinos, kehren zurück,
debattieren über BDSM-Szenen,
die so queer und alternativ waren
und über sexpositiven Feminismus.

Wir debattieren über BDSM-Szenen,
was Konsens ist und Sicherheit,
über sexpositiven Feminismus
und die Spielchen bei „Feuchtgebiete“.

Wie Konsens aussieht, Sicherheit,
und warum wir uns so oft schämen,
für die Spielchen in „Feuchtgebiete“
und Träume, die in uns schlummern.

Warum wir uns dafür schämen?, fragst du,
darüber wird nicht offen geredet!
Über Träume, die in uns schlummern,
die sind eklig, pervers – tabu.

Ich nicke, darüber wird nicht geredet,
doch wir wissen, wir sind anders!
Nichts ist eklig, pervers – tabu,
denn wir, wir haben uns befreit.

Wir wissen, wir sind anders!
So pervers und prüde wie wir wollen,
denn wir, wir haben uns befreit
und nehmen kein Blatt vor den Mund.

So pervers und prüde wie wir wollen?,
grüble ich noch nachts neben dir.
Wir nehmen kein Blatt vor den Mund,
wir können über alles reden.

Ich grüble noch nachts neben dir,
über das, was du nicht weißt.
Wir können über alles reden,
sag ich mir wieder und wieder.

Über das, was du nicht weißt,
doch vielleicht ist es zu einfach zu sprechen,
sag ich mir wieder und wieder,
vielleicht morgen, morgen bestimmt.

Vielleicht ist es zu einfach zu sprechen,
Vielleicht sind Worte zu kantig und spitz.
Vielleicht morgen, morgen bestimmt!
Doch es brennt mir unter den Nägeln.

Vielleicht sind Worte zu kantig und spitz,
Vielleicht fehlen mir Worte, Sprache, der Raum.
Es brennt mir unter den Nägeln.
Wenn wir doch so befreit sind,

warum fehlen die Worte, die Sprache, der Raum,
wenn wir kein Blatt vor den Mund nehmen,
über Pornos lamentieren und Strap-ons und vegane Peitschen und Latex und Safewörter und Cockringe und Buttplugs und –
wenn wir doch so befreit sind,

und wenn wir kein Blatt vor den Mund nehmen,
warum fällt es so schwer, wieder und wieder,
wenn wir doch so befreit sind,
dir zu sagen:

Ich hab da so ein Bedürfnis.