Duett (Kurzfilm)

Duett (Kurzfilm)

10. Januar 2015 0 Von Herzbrille

Relfexion über meinen Kurzfilm „Duett“
(gedreht: April 2011, Internationales Kino Kabaret Dresden)

Das ist mein zweiter Film, den ich im Kino Kabaret gedreht habe. Wenn ich ihn mir heute anschaue, muss ich schmunzeln: Es gibt Stellen, die Gefahr laufen in Kitsch zu driften und einiges ist ziemlich heteronormativ: Beide beziehen ihr Begehren sofort auf „das andere“ Geschlecht, er wünscht sich eine Freundin, die nicht auf Becks Lemon steht (weil das ein „Mädchenbier“ und nicht cool genug ist…) und sie träumt von einem großen Typen mit breiten Schultern. Schon wieder die Frau, die von der starken, männlichen Schulter zum Anlehnen träumt… ach, nö!

Zu meiner Verteidigung: Als ich nur mit der Idee im Kino Kabaret ankam, wusste ich noch nicht, welche Schauspieler_innen ich kriegen würde. Als sich die beiden bereit erklärt haben, hab ich den Text ein wenig verändert, um ihn an das äußerliche Erscheinungsbild der beiden anzupassen. Heute würde ich vermutlich Äußerlichkeiten weglassen. (Es entspricht auch nicht meiner Lebenserfahrung, sich die_den Traumpartner_in äußerlich genau auszumalen), weiblich konnotierte Dinge nicht abwerten (Becks Lemon…), kein Heteropärchen nehmen (gibt schon viel zu viele Filme mit ihnen) oder Charaktere entwerfen, die sich in ihren Tagträumen nicht auf ein Geschlecht beziehen: Ich könnte entweder Gender unsichtbar machen, indem ich Pronomen weglasse oder die Figuren so etwas denken lassen wie: „Hm, wie könnte er sein… oder sie?“.

Wenn ich mir anhöre, wie sich die beiden ihre perfekten PartnerInnen ausmalen, steh ich jedoch nach wie vor zu dem Film: Abenteuerlust, Spontanität („Komm, wir nehmen den letzten Zug nach Budapest!“), Verachtung von Langeweile, Tatendrang, Albernheit („Komm, wir baden in Popcorn!“), Träumen von einer_m selbstständigen und selbstbewussten Partner_in, der Wunsch sich „gesund“ streiten zu können, einander akzeptieren zu können… All das sind Dinge, die ich in vielen Liebesfilmen vermisse und die in meinem Film keine „normale“ Beziehung zeichnen, sondern eher die zweier lyrik-besessener Hippies auf Durchreise, die einer unbekannten Indie-Band hinterher fahren und auf Sex in öffentlichen Verkehrsmitteln stehen.

Bei der Pointe haben schon ein paar Leute aufgestöhnt. Sie ist ein bisschen ärgerlich, aber auch nah an der Realität: Erstens ist es natürlich unwahrscheinlich an einer beliebigen Kreuzung die Traumbeziehung zu finden und dafür wahrscheinlicher, dass man im Laufe seines Lebens an mehrere Menschen vorbei gelaufen ist, die theoretisch ziemlich gut zu einem passen würden. Zweitens bedarf es irgendeiner Dynamik, damit das Perfekte nicht langweilig wird. Beziehungsforscher Mathias Jung bezeichnet das als „fortwährenden Suchprozess“ und sieht die Erfüllung in der „Spannung aus Nähe und Distanz, Vertrautheit und Neuem, Sicherheit und Unsicherheit“.

Um es mit den Worten eines Freundes zu sagen, der mich u.a durch seine verspielte Art zu diesem Film inspiriert hat: „Das Perfekte ist nicht perfekt.“


„Duett“ auf Vimeo.